Menopause

Die Wechseljahre: Wendezeit von der ersten Lebenshälfte in die zweite.

Die Menopause teilt die Lebenszeit in zwei Abschnitte, die Zeit vor den Wechseljahren und die Zeit danach. Das Klimakterium ist eine Wendezeit von der ersten Lebenshälfte in die zweite.

Wie können Frauen – und auch Männer – diese Zeit nutzen, um die innere Lebenskurve steigen zu lassen, auch wenn die äußere sich jetzt beginnt zu neigen?

Bin ich es oder meine Hormone?

Die Beschwerden der Wechseljahre gestalten sich sehr unterschiedlich. Laut Studien leidet etwa ein Drittel aller Frauen unter starken bis sehr starken Symptomen. Bei einem weiteren Drittel sind sie mäßig stark ausgeprägt, und ein Drittel verspürt keine oder nur leichte Beschwerden. 

Zu den körperlichen Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen oder trockenen Schleimhäuten kommen psychische Beschwerden wie depressive Verstimmungen, Angst, Reizbarkeit, Aggressivität, Nervosität, erhöhte psychische Verletzlichkeit und Stimmungsschwankungen in leichter bis schwerer Ausprägung.

Drei Untersuchungsergebnisse über Depression:

  • Depressive Symptome treten bei Frauen in den Wechseljahren verstärkt auf. 
  • Der Anteil depressiver Frauen vor und nach den Wechseljahren bleibt gleich.
  • Ein Viertel Frauen erleidet in ihrem Leben eine Depression, diese tritt aber unter Frauen mittleren Alters seltener auf als bei jungen oder alten Frauen.

Stärkere Symptome, gleiche oder seltenere? Was stimmt denn nun?

 

Das sexuelle Erleben verändert sich in den Wechseljahren:

  • erhöhtes sexuelles Begehren
  • vermindertes sexuelles Begehren
  • Veränderung der sexuellen Orientierung
  • Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
  • verminderte klitorale Empfindlichkeit
  • erhöhte klitorale Empfindlichkeit
  • weniger Orgasmen
  • mehr Orgasmen

Ganz offensichtlich gibt es kein für alle Frauen gleiches Muster. Womit kann das zusammenhängen? Mit den Hormonen?

 

Die Forschung hat keine nennenswerten Unterschiede festgestellt zwischen den Hormonspiegeln von Frauen, die unter Prämenstruellem Syndrom (PMS) leiden, und denen, die keine Probleme damit haben. Bei ähnlichen Hormonspiegeln reagiert das jeweilige Gehirn sehr unterschiedlich auf zyklenbedingte Hormonschwankungen. Wir neigen dazu, klimakterische Symptome auf Hormonveränderungen zurückzuführen. Es gibt aber totaloperierte Frauen, die seit ihrem 30. Lebensjahr Hormonersatztherapie bekommen und trotzdem mit Ende 40 Wechseljahressymptome erleben. Diese Symptome sind also Signale unseres Geistes und unseres Körpers, die uns sagen, dass wir ein neues Entwicklungsstadium erreicht haben –eine Chance für Veränderung und inneres Wachstum. 

 

Menopause und Andropause  - Rettung durch Hormonersatztherapie?

In Beratungsbücher und auf dementsprechenden Internetseiten finden sich Schönheitstyps, Hinweise für die körperliche Fitness, zur Entspannung und zur Hormonersatztherapie. Das ist ein Trend nicht nur bei Frauen, sondern mehr und mehr auch bei den Männern. Die Begriffe Andropause, Midlife Crisis oder Klimakterium virile bezeichnen den Lebensabschnitt eines Mannes ab dem 40. Lebensjahr, in dem sein Testosteronspiegel rasch abnimmt. Im männlichen Körper sind jedoch zeitlebens Geschlechtshormone vorhanden, anders als bei der Frau nach dem Klimakterium. Die männliche Zeugungsfähigkeit bleibt bis ins hohe Alter erhalten. Ein 70-jähriger Mann kann nur noch Zweidrittel der Testosteronwerte eines jungen Mannes erreichen, kann aber auch noch im Normbereich liegen. Das hängt von genetischen Faktoren und seiner Lebensführung ab.

Als typische Symptome der Andropause gelten das Nachlassen der psychischen und physischen Leistungsfähigkeit, Schlafstörungen, Herzklopfen sowie eine Abnahme von Libido und Potenz. 

Ob diese Symptome durch das langsame Abnehmen der Geschlechtshormone oder eher auf Grund von psychosozialen Belastungen in der späteren Lebensphase des Mannes auftreten, darüber sind sich Wissenschaftler nicht einig. Aktuell wird angenommen, dass eher psychologische Veränderungen ausschlaggebend sind. Die Erkenntnis des Älterwerdens kann bei Männern in den mittleren Jahren zu Orientierungslosigkeit bis hin zu depressiven Verstimmungen führen. Ängste vor Verlust der Attraktivität, Unzufriedenheit am Arbeitsplatz und Ängste vor dessen Verlust wie auch finanzielle Probleme sind maßgebliche Faktoren.

Beim Auftreten unerwünschter Symptome in dieser Lebensphase wird Männern eine Beratung über gesunde Lebensführung, Sport und gesunde Ernährung und eine Standortbestimmung empfohlen. Und auch eine Hormonersatztherapie-Empfehlung taucht zunehmend auf! Ein ganzer Wirtschaftszweig hat sich gebildet, der seine medizinischen und sonstigen Produkte anbietet und von der Angst des Menschen vor Veränderung profitiert. 

 

Der Zusammenhang zwischen der Angst vor den Wechseljahren und dem Leiden unter den Symptomen

Wie bei den Männern auch sind neben den hormonellen Veränderungen soziale und kulturell bedingte Faktoren für die Stimmungslage von Frauen in den Wechseljahren verantwortlich. So ist diese Periode vor allem in den westlichen Industrieländern nicht nur von körperlichen Veränderungen geprägt, sondern stellt auch eine Zeit sozialer Umbrüche dar. Die daraus entstehenden Probleme machen Stress und Angstgefühle. 

Die Medizin-Psychologin Beate Schultz-Zehden vom Institut für Medizinische Psychologie der FU Berlin ist eine der wenigen Wissenschaftlerinnen, die diese Zusammenhänge  untersucht hat. In einer ihrer Studien stellt sie dar, dass Frauen ohne eigene Ziele und Perspektiven am stärksten unter diesem Lebensabschnitt leiden.

Stress auslösende Faktoren

  • Die Zeit, noch ein Kind zu bekommen, ist vorbei. 
  • Leeres-Nest-Syndrom: Die Kinder ziehen von zu Hause aus, das Leben wird als leer empfunden.
  • Die Partnerschaft benötigt, wenn die Kinder ausziehen, eine neue Definition.
  • Berufliche Entscheidungen stehen an: Will ich überhaupt wieder arbeiten, mehr arbeiten? Werde ich womöglich gar keine Arbeit finden ... lassen sich die Weichen noch umstellen?
  • Finanzielle Abhängigkeit oder drohende Engpässe drohen in der nahenden Rentenzeit.
  • Soziale Beziehungen, die wegen familiärer oder anderer Zugeständnisse nicht gepflegt wurden, brechen weg oder schlafen langsam ein. 
  • Das Thema der weiblichen Selbstaufopferung – der Konflikt zwischen: Man sollte etwas für sich tun, aber muss doch noch für das Kind, für das Enkelkind, für die zu pflegende Mutter, für … da sein. Wie egoistisch erlaubt man sich zu sein?
  • Wie steht es mit der Sexualität, wenn die Attraktivität sich verändert?

Aktivität schützt

  • Aktive Frauen nehmen die Befindlichkeitsstörungen offenbar viel weniger wahr. Beate Schultz-Zehden hat herausgefunden:
  • Das Ausüben eines Berufs ist ein guter Schutz gegen Wechseljahresbeschwerden. 
  • Zwei Drittel der Frauen in den Wechseljahren genießen es, weniger Arbeit und mehr Freiraum für sich selbst zu haben, wenn die Kinder das Haus verlassen. 
  • Viele sind erleichtert, von der monatlichen Blutung befreit zu sein. Sie müssen sich nicht mehr um Menstruationshygiene und Verhütung kümmern.
  • Vor allem im Thema Sexualität zeigen sich ganz andere Ergebnisse als das immer noch gängige Klischee der asexuellen alten Frau. Zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr wünschen sich mehr als die Hälfte der befragten Frauen durchschnittlich mehrmals im Monat Sex, erst ab 65 möchte die Hälfte aller Frauen gar keine sexuelle Begegnung mehr (aber eben die Hälfte durchaus doch!). 

Die Menge der tatsächlich gelebten Sexualität allerdings ist viel geringer. Gründe dafür gibt es einige: 

  • Viele Frauen leben ohne Partner und finden keinen neuen. 
  • Männer sterben in der Regel früher, und nur noch ein Drittel der allein lebenden Frauen ist bereit, sich erneut zu binden.
  • In bestehenden Beziehungen reduzieren Erkrankungen sowie generelle Beziehungsprobleme und Potenzprobleme ihrer Männer die Libido der Frauen – mit der Folge, dass einige Frauen in ihrer sexuellen Beziehung unbefriedigt bleiben.

Sexuelle Freuden haben auch im Alter vor allem jene Frauen mit einer positiven Einstellung zur Sexualität. Es existiert ein deutlicher Zusammenhang zwischen Selbstannahme sowie positiver Haltung dem eigenen Körper gegenüber und einer als befriedigend erlebten Sexualität. Der gesellschaftliche Wandel hat es ermöglicht, dass es mittlerweile eine kleinere Gruppe von so genannten „sexuell emanzipierten“ Frauen zwischen 50 und 65 mit einem äußerst erfüllten und befriedigenden Sexualleben gibt. Und mittlerweile sogar Frauen mit viel jüngeren Partnern, Stichwort „Cougar“. 

Weckrufe

Die US-amerikanische Ärztin Christiane Northrup schreibt, dass es im Leben vieler Frauen Weckrufe gibt, die sie auffordern, das Leben zu hinterfragen und zu gestalten. Der erste Weckruf sei das prämenstruelle Syndrom (PMS). Über das Unbehagen des PMS erinnert der Körper die Frau an ihre zyklische Natur. Sie ist eben kein lineares Wesen, was jeden Tag gleich funktionieren muss, und das bei beruflichem Stress, möglicherweise unausgewogener Ernährung und allerlei Beziehungsproblemen. All das kann das hormonelle Gleichgewicht stören.

Ein anderer Weckruf sei die Wochenbettdepression, die in hormonellem  Zusammenhang steht mit PMS. Ein weiterer die Winterdepression, während der PMS-Symptome verstärkt auftreten. 

Die Mutter aller Weckrufe seien die Wechseljahre. Alle hormonell bedingten Veränderungen multiplizieren sich dann mit den ungelösten Themen, die eine Frau mit sich herumträgt, mal 10. 

Nach also gut 40 Jahreszeitzyklen und gut 480 Menstruationszyklen und damit über 500 Fortschrittberichten stehen wir wieder vor den Fragen: Wie gehe ich mit meiner Gesundheit um? Wie ernähre ich mich? Habe ich das erreicht, was ich mir in meiner Jugend vorgenommen hatte? Habe ich beruflich meinen Weg gefunden? Wie fühle ich mich in meiner Partnerschaft? Mit meiner Familie? Will ich mich mit meinen Eltern vor ihrem Tod noch einmal darüber auseinandersetzen, wie sie mich geprägt haben. Wie finde ich meine ganz eigene Identität?

Wir hatten an die 500 Gelegenheiten, diese Fragen zu lösen – oder sie beiseite zu schieben: Jetzt passt es gerade nicht gut. Jetzt habe ich nicht die Stärke, das Geld, die Unterstützung …

Unser Selbst, unser Wesenskern, macht einen letzten kraftvollen Versuch, uns aufmerksam zu machen. Uns zu unseren Sehnsüchten und Bedürfnissen zu lenken. Ein hormoneller Aufruhr ähnlich dem in der Pubertät, der uns die Kraft geben sollte, uns von unseren Familien zu lösen und zu einer erwachsenen Person zu werden.

In den Wechseljahren geht es um die Lösung von der Vorstellung, wie eine Frau in dieser Gesellschaft sein sollte. Die innere Weisheit unseres Körpers gibt uns eine Chance, diese kulturell errichteten Barrieren zu durchbrechen. 

3 Phasen von Übergangsritualen

Nach dem Ethnologen Arnold van Gennep vollziehen sich Lebensübergänge immer in 3 Stufen.

  • Trennungsriten: Abschied nehmen vom Bisherigen
  • Übergangsriten
  • Das Ankommen im Neuen, wo das Bisherige auf neuer Ebene integriert wird.

Beispiele für Lebensübergänge sind die Pubertät als Abschied nehmen von der Kindheit und meist schwierigem Übergang ins Erwachsenenleben. Die Schwangerschaft stellt einen Abschied der jungen Frau von einer Zeit ohne Verantwortung für das von einem abhängige Kind dar, wo erst nach dem vollen Austragen, Ausleben die Zeit reif ist für die Geburt. Reif sowohl für die Mutter, die nun bereit ist, wie auch für das Kind, das sich lösen kann aus der Sicherheit ins Neue.

Van Gennep vergleicht die menschliche Gesellschaft mit einem Haus, das aus verschiedenen Räumen besteht, die durch Flure miteinander verbunden sind. In ursprünglichen Gesellschaften sind diese Räume zwischen den Geschlechtern, Altersgruppen, Familien oder Stammesgruppen noch deutlich voneinander getrennt. Die Grenzen in modernen Gesellschaften haben mit zunehmender Arbeitsteilung an Bedeutung verloren. In den von ihm analysierten vormodernen Gesellschaften hingegen erfordere jeder Übergang im Leben eines Individuums teils sakrale, teils profane Aktionen, damit die Gesellschaft als Ganzes nicht in Konflikt gerät. Diese Übergänge brauchen eine Zwischenstufe – um im Bild des Hauses zu bleiben die Türschwelle –, wo das Individuum symbolisch sterben und seinen früheren Status ablegen und zerstören muss.

Bei den Mescalero-Apachen gibt es einen einmal jährlich stattfindenden Menstruationsritus: nach der ersten Mens werden Mädchen über vier Tage mit dem lebensgebenden weiblichen Geist identifiziert und über die Bedeutung dieses Geistes für die Gesellschaft informiert.

An der Schwelle mit 40

Die Frau an der Schwelle ist um die Vierzig, sie muss nicht nur die körperliche Fruchtbarkeit loslassen. Auch das bisher Gelebte – Beziehung, Beruf – steht auf dem Prüfstand. Und zwar umso mehr, je mehr man Familienmustern und gesellschaftlichen Anforderungen gefolgt ist. Aber die Frau kann jetzt ihre eigenen Kräfte besser einschätzen, ist mit ihrem Körper noch recht zufrieden. Alter und Tod scheinen noch abstrakt.

Loslassen mit 50

Um die Fünfzig gerät der weibliche Körper endgültig aus seinem Rhythmus. Mit der Menopause gerät das Alter ins Blickfeld. Die Zeiten, wo über die Wechseljahre verlegen geschwiegen wurde, sind noch nicht lange vorbei. Von so vielem muss jetzt Abschied  genommen werden, nicht nur von der körperlichen Fruchtbarkeit, auch vom gewohnten Körperbild. Sind wir doch seit unserer Kindheit aufs Engste mit dem Körper verwoben, sind unser Körper. Da kommt Angst vor vorzeitigen Alterserscheinungen auf, dabei sind es nur vorübergehende Erscheinungen dieser Klimakteriums-Zeit, die sich durch die Angst aber verstärken.

Die Psychologin Verena Kast betont, dass Schlafstörungen und Kopfschmerzen auch typische Symptome von Angst sein können: Angst vor dem Unbekannten, vor Verlust von Vitalität und Lebensqualität. Angst, dass der Körper einen im Stich lässt. Ein Teufelskreis.

Da ist die Fähigkeit nötig trauern zu können. 

 

Auf der Suche

Wenn dieser Prozess gelingt, kann sich  die Frau im Wandel um die Fünfzig auf die Suche begeben nach psychischer und geistiger Fruchtbarkeit, einem möglichen „Inneren Kind“. Dieses seelisch-geistige Baby kann eine neue innere Entwicklung, eine neue Ausbildung meinen, genauso auch ein Thema, dass man bisher als bremsend empfand. In diesen gehinderten Seiten unseres Wesens liegt ja oft ein bisher unerschlossenes Brachland, auf dem Neues entstehen kann. Nach langen Jahren eventueller Fremdbestimmung kann die Frau das freie innere Mädchen wieder finden, dass sie einmal gewesen ist oder nie sein durfte. 

Sie kann ihren männlichen Anteil integrieren. So lassen sich Partnerschaften hinterfragen auf das, was man im Partner gesucht hatte, auf ihn projiziert hat, was man selbst nicht zu leben gewagt hat. Das belebt eine Partnerschaft oder ermöglicht, sie loszulassen. Vor allem nach Trennung oder Tod muss man sich wieder lösen aus dem Beziehungsselbst, dem Wir, ins eigene Selbst. 

Wenn der Wandel gelingt, stellt sich Generativität ein, die Fähigkeit, sich an die nächste und übernächste Generation zu vermitteln. Nicht nur an Enkel, auch an Nachbarskinder oder Schüler. Generativität sprengt die Vergänglichkeit unserer Einzelexistenz, wir können etwas weitergeben an Wissen und weiblicher Erschaffens-Energie und werden so zur gewandelten Frau um die Sechzig und älter. 

 

Auf- und Abstieg der Sonne

C. G. Jung, der Begründer der Analytischen Psychologie, beschrieb diese Wendezeit von der ersten Lebenshälfte in die zweite schon in den 30er Jahren. Er schildert, wie Menschen zwischen 35 und 40 sich oft nicht entschließen können, sich der „Jugendphase zu entschlagen“. Der Mensch „kann sich anscheinend in den grauen Gedanken des Altwerdens nicht finden und schaut deshalb krampfhaft zurück, weil der Ausblick nach vorne unerträglich ist“. 

Nun könnte man sich festklammern am Bisherigen, wodurch die Angst immer stärker wird. Oder man öffnet sich für die Veränderung.

Jung vergleicht das mit dem Auf- und Abstieg der Sonne. Beim Aufstieg wirkt sie weiter und weiter und erfährt dadurch immer mehr Bedeutung. Auf einmal erreicht sie die Mittagshöhe. Ihre einmalige Existenz konnte ihren Kulminationspunkt nicht vorhersehen. Der Untergang beginnt unerbittlich um 12 Uhr mittags. Und damit die „Umkehrung aller Werte und Ideale des Morgens“. 

Die Wendezeit ist also eine psychische Mittagsrevolution, wie Jung sagt. Nicht nur die Werte wandeln sich, auch der Körper. Nun können bisher ungelebte Werte, das eigene Selbst mit vielen seiner ungelebten Anteile zum Tragen kommen. „Die Sonne zieht ihre Strahlen ein, um sich selber zu erleuchten.“ Von innen her im Alter leuchten, statt im Jugendwahn zu blenden.

Doch wie sollen wir das bewerkstelligen? Den Weckruf wahrnehmen, ihm folgen. Sich öffnen für Veränderung. Die Schwelle überschreiten in den Übergang zum Neuen, in dem man dann ankommt. Von innen leuchten. Wie sollen wir das machen?

 

Menopause als Nicht-Ereignis

Nach der Schriftstellerin Ann Mankowitz ist die Menopause in sämtlichen von ihr untersuchten westlichen Gesellschaften eher ein Nicht-Ereignis. Anders in einigen asiatischen und afrikanischen Gesellschaften, wo Frauen nach der Menopause mit besonderer Kleidung und eigenem Status wahrgenommen werden. Untersuchungen  bestimmter Bevölkerungsgruppen zeigen, dass eine Aufwertung der Frau im Klimakterium als reif und lebenserfahren mit weniger Beschwerden einhergeht.

Es gibt keine Rituale, um den Übergang von der ersten Lebenshälfte in die zweite zu erleichtern. Die Geburt hat in der Taufe, die Pubertät mit der Kommunion/Konfirmation, der Tod mit dem Begräbnis ein Ritual gefunden. Mit ihren Wechseljahren ist jede Frau allein.

 

Die Symbolik von Wechseljahresbeschwerden 

85 Prozent der Frauen leiden unter Hitzewallungen und Schweißausbrüchen. Ist das nur der Östrogenentzug oder was will der Körper mir zeigen? Hitze entsteht bei Anstrengung und Sport, bei allen heftigen Emotionen und bei der Sexualität, Zeichen gesteigerter Lebendigkeit. Der Körper signalisiert seine Lebendigkeit und die Notwendigkeit von Neuorientierung und Fähigkeit zu Neuorientierung. 

60 Prozent der Frauen leiden unter Schlafstörungen. Wie nutze ich die nächtliche Zeit? Mache ich mir Druck  – ich MUSS schlafen, sonst … –  oder schaue ich auf mich liebevoll?

Trockene Schleimhäute signalisieren, dass sie mehr Pflege, mehr Zuwendung, mehr Anregung, auch lustvolle, brauchen, damit sie dadurch verbesserte Durchblutung erfahren.

Wenn die Vaginalschleimhaut zarter wird, ich eine veränderte Libido erlebe, zeigt mir dies: Will ich lernen, mit meiner Sexualität auf neue Art umzugehen? Mit dem Partner offen über meine Bedürfnisse zu sprechen?

75 Prozent der Frauen berichten von depressiven Verstimmungen, Reizbarkeit, Aggressivität, Nervosität, erhöhter psychischer Verletzlichkeit und Stimmungsschwankungen: Will ich lernen, mit meinen inneren Bewertungen, meinen Stressoren anders umzugehen? Will ich mit meiner Energie, meinen Prioritäten anders umgehen lernen?

Symptome der Wechseljahre lassen sich nicht nur medizinisch verändern oder durch mehr Sport und eine Umstellung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten. Sie können abklingen, wenn ich ihnen einen Sinn abgewinnen lerne. 

Meditation zur Stärkung der Selbstwirksamkeit und Visionenfindung:

Setz dich bequem und aufrecht hin, auf ein Kissen in den Schneidersitz oder auf einen Stuhl mit gerader Lehne  …  schließe die Augen und besinne dich nach innen  …  spüre deinen Atem  …  der Atem geht natürlich, nimm ihn nur wahr  …  mit jeder Ausatmung erlaube deinem Körper, ruhiger zu werden  …  

… wie gut es ist zu wissen, es gibt kein richtig oder falsch bei so einem Nachinnenspüren …  

… und jeder hat sein eigenes Tempo …

… und manchmal ist langsamer schneller ….

…  mit jeder Ausatmung erlaube deinem Körper, ruhiger zu werden  …  

… nimm schon entspannte Bereiche im Körper wahr   …  nimm noch angespannte oder unruhige Bereiche wahr   …  erlaubt dir und einem Körper, dass alles so ist, wie es gerade ist … lächele die entspannten Bereiche an, weil sie das so gut können …  lächele die angespannten Bereiche an, weil dir bewusst sein darf, dass sie dich nur schützen wollen …  lass das Lächeln sich ausbreiten im Körper … 

… lass dir Zeit …  

… lass in deinen Worten die Frage kommen:

Wer werde ich sein, wenn das, was mich jetzt am meisten stört und irritiert, Vergangenheit geworden ist und gelöst sein darf …

… lass dir Zeit …  

… langsam taucht ein Bild auf von dir in der Zukunft  …  lass es dich finden und schau dir an, was du von dir wahrnimmst, wenn das was jetzt so schwer ist, Vergangenheit sein darf …

… lass dir Zeit …  

 … was nimmst du von dir wahr … wie guckst du dann in die Welt … was fällt dir an dir auf da in der Zukunft …

 … lass dir Zeit …  

… erlaub dir, dich mit diesem Bild von dir mehr zu verbinden … stell dir vor, du könntest hineinschlüpfen in die (dein Name) aus der Zukunft  …  du könntest von innen spüren, wie es sich anfühlt, da schon zu sein …  einen kleinen Vorgeschmack zu bekommen, indem du dich hineinversetzt in  die (dein Name) aus der Zukunft   ….

… nimm dir Zeit …  

… in diesem Perspektivwechsel spüre wo in deinem Körper es sich dann anders anfühlt … was dann anders ist … nimm von innen wahr  …  

… lass dir Zeit …  

… wenn du aus der Zukunft zurückschauen könntest ins heute, was dann lange Vergangenheit ist  

… wie nimmst du dich im heute wahr  … und wenn du aus der Zukunft dich im heute liebevoll und voller Mitgefühl begrüßt   …  was könnte dir im heute helfen für die nächsten kleinen Schritte in die Zukunft …   

… lass dir Zeit …  

… und vielleicht entdeckst du da etwas, was du vorher noch gar nicht im Blick gehabt hattest …

… vielleicht taucht da etwas auf, was so wohltuend und stärkend  sein darf  …

… vielleicht entdeckst du, wie du aus der Zukunft dich aus der Vergangenheit in den Arm nehmen möchtest  …

… wie gut sich das anfühlt, diesen Halt zu sprüren …

… lass dir Zeit …  

… zu wissen, ich schaff das schon …

… zu spüren, wie du dich unterstützen kannst  …

… lass dir Zeit …  

… und wie du dann ganz in deinem eigenen tempo den Atem wieder mehr wahrnimmst ….

… und wie du sitzt …

… und wie du mit ein paar weichen langen Einatemzügen wieder mehr Kontakt aufnimmst mit der äußeren Wirklichkeit ….

… und wieder die Augen öffnest     …    und wieder ganz da bist …


 Literatur

  1. Mankowitz, Ann: Auf neue Weise fruchtbar. Der seelische Prozess der Wechseljahre. Kreuz-Verlag, Stgt., 1992
  2. Northrup, Christiane: Weisheit der Wechseljahre: Selbstheilung, Veränderung und Neuanfang in der zweiten Lebenshälfte. Zabert Sandmann, 2005
  3. Onken, Julia: Feuerzeichenfrau: Ein Bericht über die Wechseljahre. C.H. Beck, 2006
  4. Riedel, Ingrid: Die gewandelte Frau: Vom Geheimnis der zweiten Lebenshälfte. HERDER spektrum, 2010
  5. Schultz-Zehden, Beate: FrauenGesundheit in und nach den Wechseljahren, 
  6. Die 1000-Frauenstudie. Verlag Kempkes, Gladenbach, 1998